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Rezension zu Wiard Raveling, Englisch, jetzt Englisch, nur noch Englisch, Zugvögel 2025
(Wie Deutsche und Franzose mit Anglizismen umgehen)
Wer seine Meinung zu den oft überbordenden Anglizismen in der heutigen Deutschen Sprache fundiert und pragmatisch bilden möchte, ist mit diesem kleinen Buch von Wiard Raveling auf der richtigen Bahn.
Interessanterweise konfrontiert er den Leser mit der Haltung zu den englischen Ausdrucksweisen in Frankreich und in Deutschland, nachdem er eine Sammlung vieler Ausdrücke beispielhaft präsentiert hat. Danach zunächst Kopfschütteln!
In der Analyse beschreibt er den grundsätzlich abwehrenden Umgang der Franzosen, der dazu führt, dass Wörterbücher mit französischen Ausdrücken den Anglizismen entgegengesetzt werden sollen. Dabei hat es sowohl Erfolge als auch Misserfolge gegeben. Der Autor erklärt diese Haltung mit der Geschichte der kolonialen Rivalitäten zwischen den Inseln Großbritanniens und dem Festland Frankreichs.
Diese “Sprachpuristischen Bemühungen” hat es auch in Deutschland gegeben, die aber nie so erfolgreich waren wie in Frankreich. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg wurde deutlich, dass das bisherige britische Kolonialreich und die Dominanz der USA in ökonomischer, militärischer und kultureller Hinsicht sprachlich sich ausbreiteten. Dagegen konnte sich der französische Imperialismus kulturell nicht so stark behaupten.
Er kommt zu dem Fazit mit Claus Hagège, dass diese Entwicklung nicht aufzuhalten ist. Außerdem ist dieser Prozess der sprachlichen Vermischung schon zu allen Zeiten festzustellen gewesen und kann auch eine Bereicherung sein, wenn man nicht nur englische, sondern auch Wörter anderer Sprachen verwendet.
Gleichwohl sollte man die deutschen Ausdrücke, die klarer sind, nicht unkritisch aufgeben, zum Beispiel “open” anstatt “offen” oder durch Eindeutschung von Wörtern wie zum Beispiel “recyclen” ersetzen durch “rezyklieren”.
Meine Meinung ist dazu klar. Ich verwende so wenig wie möglich gleichzeitig deutsche und englische Wörter, ertappe mich aber auch dabei, Anglizismen unbewusst auszusprechen.
Erwin Wenzel
- Herausgeber : Jörg W. Rademacher
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 978-3911704014

Oscar Wilde für Fans und Lyrikfreunde
(5 von 5 Sternen auf amazon.de)
Und selbstredend wird der Oscar Wilde-Verehrer immer wieder einmal zu The Picture of Dorian Gray greifen, jenem Roman, der die Ästhetik des Fin de Siècle so eindringlich verkörpert wie vielleicht sonst nur die Romane von Huysmans. Wie auch immer - daß Wilde auch ein Dichter war, verliert man dabei allzu rasch aus dem Auge. So wird man dankbar sein dürfen, in der vorliegenden Ausgabe neben Wildes lyrischen Notizen das längere Gedicht The Sphinx lesen zu können - und schließlich auch die berühmte epische Dichtung, seine Ballade vom Zuchthaus in Reading, in dem Wilde den Preis für seine Unangepaßtheit zahlte und für den Rest seines Lebens zum Außenseiter gestempelt wurde.
Die frühen Gedichte werden hier gegen das frühe Urteil eines Kritikers, der ihnen zweitrangige Nachahmung vorwarf, einem unvoreingenommenen Lauschen anheimgestellt - und zwar zu Recht. Denn zum Dichter wird man eben auch dadurch, daß man sich anschmiegt und abarbeitet an berühmten Vorgängern wie Shelley, Keats oder Tennyson. Davon zeugen hier etwa Sonette über die in Rom auf dem Friedhof der Nicht-Katholiken bestatteten Dichter Keats und Shelley
Dieser schöne Band, in Kooperation von Günter Plessow und Jörg W. Radermacher ausgewählt, übersetzt und zweisprachig herausgegeben, ist ausdrücklich "Allen, die Gedichte gern sprechen" gewidmet - eine schöne Geste, die daran erinnert, daß Gedichte unbedingt auch gesprochen werden sollten, um ihre ganze Musikalität zur Geltung zu bringen. Plessow erinnert an den erfolgreichen Vortragsredner Wilde, der sich als Professor der Ästhetik bezeichnete; auch weil den frühen Gedichten ein gleichsam öffentlicher Charakter eigne, sollte man sie sich vorsprechen, so wie Wilde ein großer "Sprecher", Unterhalter, Gesprächsführer war. Die Mündlichkeit seines Schreibens hat Plessow überall erkannt; alle seine Texte läsen sich, "als höre man ihn reden."
Und so ist es auch schön, daß der Verlag das Buch (vor)lese(r)freundlich gesetzt hat. Weil Wilde in einem seiner Sonette ausruft, sein Leben sei eine zweifach beschriebene Schriftrolle, kommt dem Begriff des Palimpsests, der eben diesen Sachverhalt zum Ausdruck bringt, eine zentrale Bedeutung zu: Denn jedes Gedicht, das sich in Sprache und lyrischer Form zur Geltung bringt, hat Anteil an zuvor Geschriebenem, es überschreibt sich gleichsam auf seine Vorgänger - zugleich aber schreibt Wilde auch aus einer Spannung heraus, die zwischen dem Freiheitsstreben des Einzelnen und den Konventionen der Gesellschaft besteht - niemand wird die Zuchthausballade ohne innere Bewegung lesen können - und es wäre sicher eines der schönsten Resultate dieses wunderbaren Buches, wenn sich möglichst viele Leser dazu animiert fühlen, Wildes Text - im englischen Original und in der deutschen Übersetzung - laut oder leise vor sich hinmurmelnd vorzulesen, nachzusprechen - vielleicht sogar auswendig zu lernen!
- Herausgeber : EDITION SIGNAThUR (12. September 2023)
- Sprache: Englisch, Deutsch
- Taschenbuch: 196 Seiten
- ISBN-10: 390627344X
- ISBN-13: 978-3906273440